Digitalisierung – mobil und konsequent: Gröber verbindet alle Unternehmensbereiche!
Das Kerngeschäft der Christian Gröber GmbH & Co. KG in Stuttgart besteht in der gewerkeübergreifenden Komplettsanierungen im Bestand innen und außen. Das moderne Handwerksunternehmen setzt auf eine moderne Digitalisierung, via Schnittstellen vernetzbare Branchensoftware in Kombination mit weiteren Tools aus der Cloud.
Kommunikation über allem. Interview mit Hermann Blattner
Die Kommunikation zwischen Büro und Baustelle erfolgt zum größten Teil digital und sorgt für geordnete Projekt- und Prozessabläufe. Anrufe im Büro, Planung der Lkw-Touren, Aufgaben für den Lageristen sowie der Eingang der digitalen Tagesberichte werden mit einem cloudbasierten Aufgaben- und Management-Tool gesteuert. Hier hat jeder Mitarbeiter im Büro jederzeit hardwareübergreifend Zugang.
Das Unternehmen verbindet so alle Unternehmensbereiche vom Büro über Mitarbeiterkommunikation und Baustellendokumentation bis hin zu Buchhaltungssystemen und zum Steuerberater – digital, mobil und konsequent. Hervorzuheben ist die zentrale Bedeutung digital gestützter Qualität und Kundenzufriedenheit sowie die bewusste Einbindung der Mitarbeiter im Rahmen eines Förderprojekts.
Hinzu kommen die bewusste laufende Weiterentwicklung der digitalen Strukturen sowie die Erkenntnis, dass es wichtig ist, sich aktuelles Expertenwissen zu diesem Thema ins Unternehmen zu holen. Auch hier gilt: Strukturierte Vorgehensweise und die klare Verfolgung unternehmerischer Ziele stehen im Vordergrund erfolgreicher Digitalisierung. Mit diesem Ansatz erlangte die Christian Gröber GmbH & Co. KG eine Top-Ten-Nominierung im Wettbewerb um den digital award handwerk 2021.
Wir sprachen mit Geschäftsführer Hermann Blattner detailliert über unterschiedliche Aspekte der Digitalisierung in seinem Unternehmen und wie sie konkret umgesetzt wurde bzw. wird.
Herr Blattner, wie und in welchem Bereich in Ihrem Unternehmen arbeiten Sie digital?
Spannend war es für Frau Schütz die – überaus positive – Situation der Christian Gröber GmbH
Hermann Blattner: Unser Branchensoftwareprogramm sorgt für optimale GoBD-konforme Lösungen der Prozesse im Büro sowie mobil auf den Baustellen. Alle Programmteile sind miteinander verknüpft und stellen Informationen sowohl am Desktop-PC als auch auf den Mobilgeräten zur Verfügung. Jedes Projekt bekommt automatisch eine Projektnummer. Von der Kundenanfrage über das Angebot bis hin zur Rechnung sowie Nachkalkulation wird alles mit dieser Projektnummer verknüpft.
Ein Projekt hat immer eine digitale Projektmappe, in der alle internen und externen Dokumente, Informationen, Baustellendokumentationen, Bestellungen, Rechnungen (Material, Nachunternehmer) und Sonstiges gesammelt werden. Durch eine digitale Projektverwaltung mit Projektstatus wissen wir genau, wo das Projekt kostenmäßig steht. Der Informationsumfang reicht lückenlos von Kundenanfrage, Angebotserstellung, Angebotsversand, Auftragseingang, „Auftrag beginnt demnächst“ über „Ausführung läuft“ und „Arbeit fertig“, bis die Rechnung vorbereitet, die Schlussrechnung gestellt und alles als erledigt markiert ist. Unterwegs haben unsere Meister und Mitarbeiter immer Zugriff auf die wichtigsten Informationen und Dokumente.
Durch das eingebundene Dokumentenmanagement ist das Suchen und Finden von Rechnungen und anderen Dokumenten kein Problem mehr. Rechnungen werden automatisch dem Projekt zugeordnet und zu den Materialkosten gebucht. Durch eine DATEV-Schnittstelle werden Eingangs- und Ausgangsrechnungen per Belegbildübergabe direkt an den Steuerberater weitergeleitet. Die Zahlung über das Onlinebanking wird zudem gleich vorbereitet. Nach der Freigabe der Rechnungen durch ein Freigabeelement der Branchensoftware werden die Zahlungsinformationen in SEPA-Dateien bereitgestellt und können im Onlinebanking direkt eingespielt und fristgerecht bezahlt werden.
Jeder unserer 50 gewerblichen Mitarbeiter hat von uns ein Smartphone mit der installierten Branchensoftware-App. Das Smartphone wird zur Kommunikation und Baustellendokumentation sowie zur mobilen Stundenerfassung genutzt. Der gewerbliche Mitarbeiter stempelt seine Zeit minutengenau auf das Projekt. In der Anwendung selbst kann er Baustellendokumentationen, Notizen, Informationen direkt auf der Baustelle aufnehmen. Diese Informationen sind zeitgleich im Büro am Desktop projektgenau abrufbar und können sofort vom Meister weiterverarbeitet werden.
“Durch eine digitale Projektverwaltung mit Projektstatus wissen wir genau, wo das Projekt kostenmäßig steht. Der Informationsumfang reicht lückenlos…”
Hermann Blattner, Geschäftsführer der Christian Gröber GmbH & Co. KG
Die Zeiten werden in die Stundenerfassung der Branchensoftware automatisch übertragen. Materialbestellungen können per digitalem Formular direkt beim Lieferanten oder unserem Lageristen zur Vorkommissionierung bestellt werden. Urlaubsanträge, Farbbestellungen, Stundenzettel vorab, Lob/Tadel und mehr werden digital per Formular über die App weiterverarbeitet. Durch die digitale Benutzersammelmappe werden Lohnberichte und tägliche Stempelzeit den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt.
Durch eine digitale Fuhrpark- und Geräteverwaltung werden alle Fahrzeuge und Geräte digital in der Geräteverwaltung eingepflegt und verwaltet. Jedes Fahrzeug und Gerät bekommt eine interne Nummer. Hier werden alle Daten des Fahrzeugs oder des Geräts eingepflegt. Fahrzeugscheine, Rechnungen und weitere Dateien können angehängt werden. Termine wie TÜV, Wartung und Sonstiges sind hinterlegt.
In welchem Zeitraum wurde Ihr „Digitalisierungsprojekt“ umgesetzt und wo stehen Sie mit Blick auf die Ziele der Digitalisierung Ihres Unternehmens derzeit?
Hermann Blattner: Eigentlich haben wir schon immer die Möglichkeiten der Digitalisierung zur Verbesserung unserer internen Organisation genutzt. Mit der Einstellung von Herrn Gläser als Digitalisierungsbeauftragten im Januar 2018 aufgrund der Teilnahme an zwei Forschungsprojekten im Bereich der Digitalisierung im Handwerk hat das Thema bei uns einen extremen Schub und eine noch mal gesteigerte Wertigkeit erhalten. Wir befinden uns auf einem guten Weg und glauben nicht, dass es ein Endziel gibt, sondern dass die Digitalisierung aufgrund immer neuer Möglichkeiten und auch immer neuer Herausforderungen aus dem Markt heraus ein ständiger Prozess sein wird.
Von Januar bis Oktober 2018 erfolgten Prozessermittlung, Schaffung von Systemvoraussetzungen, Kauf von Hardware und Lizenzen, Einrichtung der Hardware und die Erweiterung der digitalen Geräteverwaltung. Von Oktober 2018 bis März 2019 wurde die Hardware an 50 gewerbliche Mitarbeiter ausgerollt und die mobile Zeiterfassung sowie Baustellendokumentation eingeführt sowie digitale Formulare für Materialbestellung, Urlaubsantrag, Stundenzettel vorab und mehr eingeführt.
Von März bis Dezember 2019 erfolgte das Outsourcing der Buchhaltung zum Steuerberater mit DATEV Unternehmen online, die Einführung des Onlinebanking mit WinDATA sowie die Einführung des Aufgaben- und Projektmanagement-Tools MeisterTask bzw. MindMeister. Die Einführung Dokumentenmanagement mit Schnittstelleneinbindung zu DATEV Unternehmen online und WinDATA, Terminalanbindung an Server und Branchensoftware für Homeoffice-Arbeitsplätze der Meister erfolgte von Dezember 2019 bis März 2020.
Seither arbeiten wir an Details, wie dem Verbesserungsprozess der eingeführten Technologien, der Integration des Fuhrparkmanagements in die Geräteverwaltung, der Einbindung der ZUGFeRD-Dateien in das Dokumentenmanagement, der Vorbereitungen für die Einbindung eines Ressourcenplanungsprogramms, der Ausrollung von iPads für die Vorarbeiter sowie weiteren Tests von Software-Tools und der Einbindung der Erfahrungen in Forschungsprojekte.
Gab es einen konkreten Anlass, für eine umfassende Digitalisierung?
Hermann Blattner: Die Grundidee ist die verbesserte Kommunikation zwischen den gewerblichen Mitarbeitern vor Ort auf der Baustelle und dem Organisationsteam im Büro bzw. den Bauleitern. Die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt verbessern sowohl die Effektivität der Baustelle als auch die Qualität unserer Leistung. Ebenso erwartet der Kunde eine immer bessere Dokumentation der von uns erbrachten Leistungen sowie zeitnahe Informationen über eventuelle Probleme, Mehrkosten usw. Gleichzeitig entstand durch das altersbedingte Ausscheiden unseres Seniorchefs die Notwendigkeit, die Buchhaltung neu zu organisieren.
Um unsere Idee umzusetzen, haben wir uns gezielt mit dem Thema „Digitalisierung“ auseinandergesetzt. Die Einstellung von Herrn Gläser 2018 war ein wichtiger Schritt, da er Zeit bekam, sich mit unseren Prozessen und Anforderungen auseinanderzusetzen.
Wir besuchten viele Workshops und Veranstaltungen. Der Austausch mit anderen Firmen der Branche und Berater wurde forciert. Fördermöglichkeiten wurden ausgesucht (Digitalisierungsprämie/Unternehmenswert Mensch plus) und mit ins Spiel gebracht. Nachdem wir wussten, welche Hardware und Software benötigt wird, haben wir diese gekauft, konfiguriert und ausgerollt.
Nach einem Kick-off mit unserem externen Berater Michael Heil und allen 60 Mitarbeitern haben wir unser Gesamtprojekt gestartet. Hier wurde erklärt, warum wir diesen digitalen Schritt gehen, und wir haben mit allen Mitarbeitern die mobile Zeiterfassung, die digitale Baustellendokumentation und die digitalen Formulare live geübt. Immer wieder haben wir uns in kleinen Gruppen getroffen, Fehler angesprochen und gemeinsam mit den Mitarbeitern die Prozesse verbessert. Zudem haben wir ein Aufgaben- und Management-Tool für die Kommunikation eingeführt und dieses weiterentwickelt.
Als diese Schritte erfolgreich umgesetzt waren, haben wir die Buchhaltung mit DATEV Unternehmen online zu unserem Steuerberater ausgelagert und danach ein Dokumentenmanagement eingeführt. Dieses Dokumentenmanagement ist in die Branchensoftware eingebunden und bietet die Möglichkeit, die Kosten der Rechnungen in die Materialerfassung einzubinden. Danach wurden Schnittstellen zu DATEV Unternehmen online und zum Onlinebanking-Programm implementiert.
Durch die Analyse unserer Prozesse und die Umsetzung der vorangegangenen Projekte sehen wir, welche Potenziale noch auszuschöpfen sind. Daraus entstehen Folgeprojekte. Derzeit testen wir die Verbesserung der mobilen Stundenzettel bzw. Rapporte über die schon ausgeteilten iPads bei den Vorarbeitern. Zudem ist die Einbindung eines Ressourcenplanungs-Tools priorisiert. Weiterhin sind wir durch die aktive Einbindung der Forschungsprojekte in der Erprobung vieler verschiedener Software-Tools und Gadgets, die uns und der Handwerksbranche vermutlich weitere Erkenntnisse bringen.
Wurden externe Impulse aufgenommen, z. B. über Berater, Digitalisierungs-Workshops, Praxisbeispiele aus Kollegenunternehmen Ihres Gewerks?
Hermann Blattner: Wir tauschten und tauschen uns viel mit unseren Beratern Michael Heil und Christian Zinser aus, um uns gezielt weiterzuentwickeln. Durch diesen Austausch sind wir auch auf das Förderprogramm Unternehmenswert Mensch plus aufmerksam geworden. Die im Programm verwendete Herangehensweise, die Mitarbeiter in die Digitalisierungsprozesse einzubeziehen, war maßgeblich am Erfolg des „Gröber“-Gesamtprojektes beteiligt. Die Akzeptanz und Einbindung der Mitarbeiter ist sehr wichtig!
Zudem nutzten wir die Digitalisierungsprämie für die Anschaffung der Lizenzen der Branchensoftware-App. Es wurden und werden Digitalisierungs-Workshops besucht. Durch ständigen Austausch mit anderen Handwerkern kann man gemeinsam Lösungsansätze finden oder umgesetzte Projekte aufzeigen und diskutieren. Außerdem bekommen wir durch unser Engagement in den Forschungsprojekten ConWearDi, BauPrevent, DigiGAAB und DINET viele Anreize und können in diesem Rahmen gemeinsam mit Forschungsinstituten sowie guten Handwerksunternehmen in Experimentierräumen Software und Hardware testen und weiterentwickeln, die anderen Handwerkern das tägliche Arbeiten irgendwann erleichtern könnten.
Wurden externe Impulse aufgenommen, z. B. über Berater, Was genau war die Motivation hinter Ihrer Entscheidung, die Digitalisierung, wie hier beschrieben, in Ihrem Unternehmen anzustoßen und umzusetzen?
Hermann Blattner: Eigentlich sind es vier Faktoren, die für uns entscheidend sind: Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit in einem sich immer schneller verändernden Umfeld, ein modernes Erscheinungsbild des Unternehmens nach innen und außen, in der Folge eine hohe Attraktivität für Kunden, die mit uns zusammenarbeiten wollen, aber auch als attraktiver Arbeitgeber die Chance auf junge, gute und motivierte Mitarbeiter zu haben, vereinfachte und transparentere Abläufe schaffen, die helfen, Fehler zu vermeiden, sowie besseres betriebswirtschaftliches Controlling der Projekte, um Fehlentwicklungen rechtzeitig zu entdecken und gegensteuern zu können.
Welche konkreten wirtschaftlichen und praktischen Vorteile konnten Sie für Ihr Unternehmen durch die Umsetzung des hier beschriebenen Digitalisierungsprojekts erreichen?
Hermann Blattner: Allgemein hat sich die Kommunikation durch die Digitalisierung unseres Unternehmens enorm verbessert, da die ganze Organisation vom Büro bis zur Baustelle verknüpft ist. Durch klare digitale und transparente Prozesse sind Mitarbeiter und Kunden zufriedener. Die nun mögliche Übernahme von ursprünglich den Meistern zugeordneten Tätigkeiten durch die Vorarbeiter entlasten wir die Meister. Diese haben nun mehr Zeit für die Kundenbetreuung sowie die Abrechnung der Projekte. Durch das verknüpfte Dokumentenmanagement ist das Suchen und Finden von Dateien und Dokumenten kinderleicht. Die Schnittstellen zum Steuerberater, der Lohnbuchhaltung und dem Onlinebanking stellen eine enorme Zeitersparnis dar und verhindern doppelte Erfassungen.
Betriebswirtschaft gesehen haben wir eine deutlich verbesserte Transparenz der Lohn- und Materialkosten. Dadurch gibt es eine schnellere Abrechnung und ein besseres Controlling gegenüber den Mitarbeitern und Lieferanten. Die offenen Posten werden schneller gesehen und es kann schneller reagiert werden. Durch die Kategorisierung der Projekte besteht nun auch die Möglichkeit, Trends in Bezug auf neue Geschäftsfelder zu erkennen bzw. sich von unrentablen Geschäftsfeldern zu lösen.
Haben Sie im Rahmen der Umsetzung Risiken in Kauf genommen, um Ihre Ziele zu erreichen?
Hermann Blattner: Durch die Einstellung von Herrn Gläser als Digitalisierungsbeauftragten wurde eine komplette Vollzeitkraft im Büro eingestellt. Durch die verbindliche Zusage, bei Forschungsprojekten mitzumachen, erhöhte sich hier der Druck, Ressourcen für diese Forschung bereitstellen zu müssen. Teure Software und Hardware mit zusätzlichen Bindungen wie Mobilfunk- und Softwarepflegeverträgen wurden angeschafft. Sehr viel Zeit wurde in die Vorbereitung sowie die Ausrollung von Hardware bzw. Software und Schulungen gesteckt.
Ein weiteres Risiko war die Akzeptanz der Mitarbeiter für die neuen Organisationsformen. Dem Risiko, dass das Betriebsklima hier dauerhaften Schaden nehmen könnte, sind wir durch die Einbindung der Mitarbeiter im Rahmen des Förderprogramms Unternehmenswert Mensch plus entgegengetreten. Insgesamt ist das Risiko der Abhängigkeit von einzelnen Softwarelösungen nach wie vor ein wichtiges Thema.
Herr Blattner, wir bedanken uns für dieses informative Gespräch!